Er hat das Musikgenre House mitbegründet und wurde von seinen Fans mit beinahe religiöser Inbrunst verehrt: Francis Nicholls, besser bekannt als Frankie Knuckles. Der US-amerikanische Disc Jockey und Grammy-Gewinner ist am Montag im Alter von 59 Jahren gestorben.
Am vergangenen Wochenende hat Frankie Knuckles noch in einem der weltweit berühmtesten Clubs Platten aufgelegt, dem „Ministry of Sound“ in London. Im Sommer sollte er auf Festivals und in Clubs in ganz Europa auftreten. Am Montag ist der US-amerikanische Disc Jockey im Alter von 59 Jahren gestornen. Wie der Onlinedienst Gawker und die Chicago Tribune berichteten, führten wohl diabetesbedingte Komplikationen seinem Tod.
Mit seiner Musik setzte sich Knuckles selbst ein Denkmal. Chicago, die Stadt, in der House entstanden ist, hat ihm schon zu Lebzeiten einen Feiertag gewidmet. Seit 2004 begeht die Stadt am 25. August den „Frankie Knuckles Day“. Damals benannte Bürgermeister Richard M. Daley einen Abschnitt der Jefferson Street in “Honorary-Frankie-Knuckles-Way” um. Dafür stark gemacht hatte sich unter anderem auch der heutige US-Präsident Barack Obama, zu der Zeit noch Senator des Bundesstaats Illinois.
In der Jefferson Street stand von 1977 bis 1982 die Wirkstätte von Knuckles, an der er sich seinen Ruf als Disc Jockey erarbeitet hatte, der ihn in Europa bekannter werden ließ als in seiner Heimat. Der Club, geführt von Robert Williams, hieß „Warehouse“. Er war eng, dunkel, vielmehr eine Lagerhalle. Erst Knuckles’ Musik machte ihn zum Lustort für Homosexuelle, schwarzamerikanische und lateinamerikanische Minderheiten der Stadt, die erst im Schutz der Dunkelheit zum Leben erwachten. Dort tanzten sie zu seinem Sound, fühlten sich frei.
Knuckles, bereits im New York der Siebzigerjahre als Disc Jockey tätig, spielte obskure Soul- und Funkplatten, Motown-Chartstürmer. Er mischte sie mit Krautrock, Synthpop und elektronischer Musik aus Europa, von Kraftwerk, Tangerine Dream und Brian Eno, um nur die bekanntesten Namen zu nennen.
Er spielte zeitgleich zwei Platten desselben Songs und verlängerte so ihre tanzbaren Abschnitte. Später schnitt er sie mit einer Bandmaschine zusammen und ergänzte sie um Beats, die er an einer Drum-Maschine selbst produziert hatte. Auf diese Weise sollte er auch Hits von Popgrößen wie Michael Jackson oder den Pet Shop Boys überarbeiten.
Knuckles veredelte aber auch mittelmäßige Popsongs von Whitney Houston und öde Soulnummern von Diana Ross. Er schob ihnen aufgeraute Basslinien und schroffe Beats unter. Und eine Klangatmosphäre, die an Schweiß, Drogen und sexuellen Exzess erinnert, das Warehouse-Gefühl. Ein „Frankie Knuckles Remix“ war damals und gilt bis heute als Gütesiegel in der Disc Jockey-Szene. 1998 gewann er als erster Disc Jockey überhaupt einen Grammy in der Kategorie der besten Remix-Aufnahme. 2005 wurde er in der Dance Music Hall Of Fame aufgenommen.
Doch schon damals musste er kürzer treten. Zu Beginn der Nullerjahre erkrankte er an Diabetes. 2008 musste er sich einer Operation unterziehen. Dabei wurde ihm der Unterschenkel amputiert. Seine Krankheit konnte ihn also nicht vom Auflegen abhalten. „Musik hat mein Leben gerettet. Halte fest an dem, was dein Leben rettet”, sagte er 2011 bei der Red Bull Music Academy in Madrid. Immer wieder kehrte er zurück an die Plattenspieler, um Menschen zum Tanzen zu bringen. Wie am Wochenende in London. So ist sicher: Frankie Knuckles ist glücklich gestorben.
Weiterführende Links:
Spiegel Online: Zum Tod von Frankie Knuckles: Seine DJ-Sets waren wie ein Gottesdienst
SZ Online: Zum Tod von Frankie Knuckles: Meister der Verzückung
taz: Nachruf: Godfather of House ist tot – Die Rache von Disco
Tagesanzeiger: We Play House Music – Zum Tod von Frankie Knuckles
Guardian: Frankie Knuckles: godfather of house music, priest of the dancefloor
Chicago Tribune: Frankie Knuckles house music godfather, dead at 59
Red Bull Music Academy: Lecture: Frankie Knuckles (Madrid 2011)
YouTube: Fact TV: Frankie Knuckles Interviewed Part 1
YouTube: Fact TV: Frankie Knuckles Interviewed Part 2
[Dieser Beitrag erschien auch in der Badischen Zeitung]
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