Various Artists – Thank You Freaks Vol. 1

Die erste Plattenbesprechung nach der Frühlingspause ist etwas ganz Besonderes. Auf ihr ruht so viel Aufmerksamkeit, wie auf kaum einem anderen, zuvor veröffentlichten Text. Denn er sticht heraus aus den vielen Terminankündigungen, Mix-Empfehlungen und Unmutsaufwallungen der vergangenen Wochen.

Die Frage, welche Platte(n) ich auswählen soll, um den Review-Reigen wieder zu beginnen, beantworte ich mit der Mini-Compilation “Thank You Freaks Vol. 1”, die ganz frisch auf dem britischen House-Label Quintessentials erschienen ist. Warum gerade mit ihr?

Zum einen begleitet das Blog das Label Quintessentials so gut wie von Anfang an. Anton Zap, Vakula, Jagged oder Baaz haben in den ersten Monaten seines Bestehens darauf veröffentlicht, zahlreiche weitere, von mir sehr geschätzte Künstler wie Dubbyman, Azuni oder Alex Agore sind zur Quintessentials-Familie dazugestossen. So unterschiedlich deren musikalisches Profil ist, stets steht für sie der klassische House im Mittelpunkt – so natürlich wie möglich und vollwertig,  wie wir ihn lieben. Zum anderen wartet “Thank You Freaks Vol. 1” mit Stücken auf von Chicago Damn oder Marcos Cabral, also Produzenten, an denen man dieser Tage einfach nicht vorbeikommt.

Letzterer, Cabral, kommt aus New York. Er ist Teil des DJ- und Produzenten-Duos Runaway, betreibt das Label On The Prowl, bewegt sich in der Szene der New Yorker Club- und Dancemusic seit Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger Jahre, spielt und produziert sich durch disco-durchtränkten House und dunklem, atmosphärischem Techno. Erste Schritte als Produzent unternahm er auf Trapez, das war so etwa 2003, damals also noch ganz der Kölner Minimal-Schule verpflichtet. Von dieser hat er sich mit seinen späteren Veröffentlichungen sehr weit entfernt, die Sägezahn-Synthesizer gegen weiche Pads, die klöppelnden Beats gegen dumpfe, bauchige, grooveschwere Drums eingetauscht. Auf “2 Hazel Tracks” stellt er die Weichen vielmehr in Richtung Berlin, lässt sich von dortigen Dub Techno-Blaupausen inspirieren, wie man auch schon im Ansatz auf seiner 12″ “24 Hour Flight”, erschienen auf “L.I.E.S“, feststellen konnte. Find’ ich ja immer ganz grossartig, wenn Chords diesen metallischen Dubtechno-Nachhall aufweisen.

Auch der britische DJ und Produzent Andy Ash trägt mit einem Track zu der Mini-Compilation bei. Er dürfte Marcos Cabral nicht unbekannt sein, denn er, Ash, stand bereits in Diensten von Cabrals Label On The Prowl. “Another World” hiess die Scheibe – schöner, dunkler, nicht allzu schneller Kopfnicker-House. Davor war Ash bereits auf Label wie Five20East, Home Taping Is Killing Music und Foto Recordings vertreten, steht damit in der Tradition der englischen Slow House-Bewegung, die nie genug Soul in den Harmonien und Boogie in den Rhythmen ihrer Tracks haben konnte. Ash hingegen hat sich von Anfang an auch Techno, Garage, und kosmischeren Gefilden als weitere Einflussbereiche zugewandt. Mit “L.F.A.” kreist der aus Liverpool stammende Produzent um das Thema Liebe. Musikalisch setzt er es jedoch nicht mit dem Motiv düsterer Novembersehnsucht um, sondern lässt die Drum Pattern leichtherzig swingen und den Bass lebensfroh durch den Track marschieren.

Des Weiteren finden sich auf dieser EP der russische DJ und Produzent Maksim Martyanov alias Uncle Deep ein. Er zählt mit Myown, Chizh und Djungl zu einer Riege russischer Produzenten, denen in den vergangenen Jahren die Pionierleistung eines Anton Zap zu Gute gekommen ist. Martyanov betreibt das Label Chevengur Melody, hat auch schon einmal eine Platte bei Anton Zaps Imprint Ethereal Sound veröffentlicht, und setzt mit einem rollenden Piano-House-Track am Groove von Andy Ash an. Bleibt noch Chicago Damn, Debütant auf Mark Es Label MERC, und bis heute kaum etwas von seiner Mysteriösität verloren. Er ergänzt die EP um nicht mehr, aber auch nicht weniger als einen einfachen Track, bei dem sich Funktionalität und klassische House-Ästhetik die Hand reichen.

ENGLISH SHORT VERSION

The first short review after a very, very long hiatus is focusing on one of my most favourite labels: Quintessentials. The UK based house imprint hits the stores with a mini-compilation, featuring four artists that shape today’s house universe: Marcos Cabral, Andy Ash, Chicago Damn and Uncle Deep.

 Mehr im Web:

Marcos Cabral @ Facebook

Marcos Cabral – Interview & Podcast @ Little White Earbuds
Andy Ash @ Facebook

Andy Ash – Interview & Podcast @ Disconnected
Chicago Damn @ Facebook
Chicago Damn – Interview & Podcast @ Melbourne Deepcast
Quintessentials @ Soundcloud

Nach oben scrollen