Schneestürme und klirrende Kälte haben am vergangenen Wochenende, nahezu pünktlich zum Winterstart, eine erste Duftmarke gesetzt. Was unsere Medien veranlasst, von einer Ausnahmesituation zu schreiben (und zu sprechen), ist für Durchschnittskanadier selbstverständlich. “Some snow showers” schrieb mir ein derzeit in Toronto lebender Bekannter. Nichts Aussergewöhnliches also. Vielmehr gewöhnlicher Alltag. In Banff, am Fusse der Rocky Mountains, wird dies mit Sicherheit nicht anders sein. Erfahrungsgemäss hat der Winter diese Region schon längst fest im Griff, denn sie zählt (derzeit noch) zu den wenigen wirklich schneereichen und schneesicheren Gebieten der nördlichen Hemisphäre.
Für den Produzenten der vorliegenden 12″ ist dies kein Grund, sich ins behagliche Heim zurückzuziehen, es sei denn, um seinen Ideen freien Lauf zu lassen und an Beats und Sounds zu basteln. Denn Banffs finest, Eddie C, hat sich in dem mit ihm geführten Kurzinterview mehrmals selbst als leidenschaftlicher Skifahrer bezeichnet (http://keep-it-deep.blogspot.com/2009/10/eddie-c-keep-it-deep-guest-mix.html). So kann ich mir gut vorstellen, dass es ihn vielmehr hinaus in die Natur als in einen feuchtkalten (Produktions-)Keller zieht, um seine Spuren in das Weiss unberührter Tiefschneehänge, umgeben von einer atemberaubenden Bergkulisse, zu zaubern, kaum dass die letzte Schneeflocke gefallen ist. Doch das süsse Nichtstun in dieser zart glänzenden Winterwunderwelt sei Eddie C von Herzen gegönnt, wenn er daraus Kraft für seine Musik schöpft, mit der er in regelmässigen Abständen (nicht nur mich) zu erfreuen weiss.
Sein neuestes Meisterwerk trägt den Titel “Rocket Science EP“. Es ist zugleich die erste 12” auf dem Label Sleazy Beats Recordings, das die Sleazy Beats-Blogger um den in Boston wohnhaften Frantic jüngst aus der Taufe gehoben haben (vgl. http://keep-it-deep.blogspot.com/2009/12/frantic-keep-it-deep-guest-mix.html).
“Space Cadet“, der erste Track, wird eröffnet von leicht synkopierten Drum-Figuren. Geschickt inszenierte, filigrane Synthesizerflächen untermalen diese Rhythmuskomposition teils an-, teils abschwellend. Spätestens mit der wenige Takte danach einsetzenden, zauberhaft verträumten Piano-Melodie gleitet man in den Fluss des langsamen Grooves hinein, und schwebt wie ein Skifahrer – getragen von warmen Streicherbögen – auf unberührtem Pulverschnee einen kaum enden wollenden Hang hinab.
Auf “One With The Starts” schreitet Eddie C mit funkgeladenem Midtempo voran. Energiegeladen, übersprudelnd und im Vergleich zu “Space Cadet” fast schon wild präsentiert er sich hier mit vollem Basseinsatz und eingängiger Hookline, die sofort ins Ohr geht.
Für manche mag der dritte und letzte Track, “Get down“, mit Sicherheit zu langsam sein, um jemals auf dem Floor zum Einsatz zu kommen. Doch “Get down” ist mein persönlicher stand-out track auf der “Rocket Science EP“. Von einem ganz tief im Funk verwurzelten Bass getragen, besticht dieser Track insbesondere mit seiner (sample-basierten?) Instrumental-Sequenz. Prägnante, schlagende Klavierakkorde sowie kurze, bissige Bläserphrasen verschmelzen mit zupackenden Gesangspassagen und den kraftvoll voluminösen Klängen im sonoren Bassbereich zum melodischen Thema. Grande, Eddie C!
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