Längst nehmen meine Begleitung und ich nicht mehr war, was direkt um uns herum geschieht. Wir haben die Zeit vergessen und sind tief in den plüschigen Kinosesseln versunken, die sich in der kleinen Nische unmittelbar neben dem DJ Setup befinden. Longdrinkgläser mehren sich auf dem kleinen Holztisch, wie von Zauberhand herbeigetragen. Der burgunderrot leuchtende Lichtstrahl, von einer Vielzahl Metallkegel auf die Tanzfläche geworfen, wird durch die Russteilchen des Zigarettenrauchs diffus gestreut. Unser Blick verliert sich in den tanzenden Rauchschwaden, schweift über vereinzelt sich rhythmisch bewegende menschliche Leiber und verharrt schliesslich auf den beiden DJs hinter den Plattentellern,Tama Sumo und Prosumer. Die beiden Berghain / Panoramabar-Residents spielen wechselweise eine Platte ein, und schon nach kurzer Zeit wird eines klar: die beiden sind Meister ihres Fachs, die sich musikalisch und technisch wunderbar ergänzen und gewissermassen blind harmonieren. Ein perfekt eingespieltes Team? Auf jeden Fall!
5 € Admission @ Berghain Kantine w/ Tama Sumo, Steffi, Prosumer, Samstag, 19. September 2009 – ein kleiner Nachtrag
Achim Brandenburg a.k.a. Prosumer spielt einen zuckersüssen, schwulstig-triefenden Track, dessen Claps sogleich ins Ohr stechen und dessen Italo-Disco-Referenzen klar auf der Hand liegen. Ein paar Discobären und -queens begeben sich in die Mitte des Raumes und tanzen mit ausgelassener Leichtigkeit. Technisch ausgefeilte Bewegungen und Fortbewegungstechniken interessieren nicht. Hier geht es vielmehr darum, sich frei zu fühlen und unbeschwerte Lebensfreude zu geniessen. Für einen kurzen Augenblick übernimmt Kerstin Egert a.k.a. Tama Sumo die Alleinherrschaft an den Plattenspielern und am Mischpult. Ein mächtig rollender Bass und druckvolle Kickdrums, unterstützt von dynamischen Claps und unbarmherzig stossenden Chord-Wellen, treiben uns aus den gemütlich-kuscheligen Sitzen unmittelbar auf die Tanzfläche. Die Beine still halten zu “Foe Show” von Omar-S (http://www.discogs.com/Omar-S-111/release/1684165)? Unmöglich! Mit bemerkenswerter Feinfühligkeit und Geschmeidigkeit blendet Tama Sumo in diesen (Fast-)Klassiker des Detroiters ein, um sogleich wieder an Prosumer abzugeben, der das Tempo hoch, den Sound jedoch klassisch hält. Sehr effektvolle Synthesizer – die TB-303 lässt grüssen – schmiegen sich an repetitive Pianoakkorde, und ich meine, “House Music Is My Life” von Tyree im Deep-House Remix (http://www.discogs.com/release/36447, http://www.youtube.com/watch?v=Zhd9ntzLQP4) zu erkennen.
Dass House Music ein grosser Teil ihres Lebens ist, dass sie von tiefer Liebe zu ihr und unbändiger Freude an ihr erfüllt sind, zeigen Tama Sumo und Prosumer mit jeder weiteren Platte, die sie in dieser musikalisch hochkarätigen Nacht einspielen. Sie zelebrieren House, ob sie nun Klassiker aus der längst vergessenen Hochzeit des Acid-/Hip House (solche Platten stammten in der Regel aus Prosumers Hand), der New Jersey / New York Garage-Ära (davon hatten beide eine Menge im Gepäck) oder aktuelle Veröffentlichungen aus dem Hause Ribn (“This Feeling“, http://keep-it-deep.blogspot.com/2009/09/ribn-this-feeling.html) oder Brawther (“Asteroids & Stardust“, http://keep-it-deep.blogspot.com/2009/06/brawther-asteroids-stardust.html) spielen. Vielen Dank für diese unvergessliche Clubnacht!
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